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Heimische Agrarspitze sieht zahlreiche positive Inhalte im Regierungsprogramm

Wichtige Maßnahmen zur Entlastung der bäuerlichen Familienbetriebe geplant

Wien, 9. Jänner 2020 (aiz.info). - "Das Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung trägt im Bereich Landwirtschaft die klare Handschrift der bäuerlichen Interessenvertretung. Nach sehr intensiven Verhandlungen mit den Grünen ist es letztlich gelungen, ein Maßnahmenpaket zu vereinbaren, das vor allem dem Gesichtspunkt der Praktikabilität entspricht und wesentliche Punkte zur Entlastung der bäuerlichen Familienbetriebe vorsieht. Wir sichern die GAP-Mittel, gleichen mögliche Kürzungen national aus, dämmen überbordende Bürokratie im Agrarbereich ein, geben heimischen Produkten den Vorrang und führen in diesem Zusammenhang auch eine transparente sowie einfache Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel ein. Wir setzen außerdem auf aktive Forstwirtschaft als Standortfaktor und forcieren Holz als klimafreundlichen Baustoff." Dies stellten heute Bundesministerin Elisabeth Köstinger, der Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Österreich, Josef Moosbrugger, und Bauernbund-Präsident Georg Strasser fest.

"Ich bin sehr froh, dass ich wieder das Agrarressort übernehmen kann, das künftig Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus heißen wird. Dieses Ministerium wird damit weiterhin ein verlässlicher Partner der heimischen Landwirtschaft sein", unterstrich Köstinger. Die Kompetenzen des neuen Ressorts werden, wie berichtet, unter anderem um die Agenden Breitband, Post und Telekom sowie um die Zuständigkeit für den Zivildienst erweitert. Dadurch werden hier nahezu alle Agenden des ländlichen Raumes gebündelt. Neuer Generalsekretär im Agrarressort wird übrigens Gernot Maier. Der 38-jährige Salzburger hatte zuvor bereits als Kabinettchef von Köstinger im Nachhaltigkeits-Ressort fungiert.

Keine Minimalkompromisse

"Die Verhandlungen mit den Grünen waren herausfordernd. Ziel war es allerdings nicht, Minimalkompromisse in agrarischen Fragen zu erzielen, sondern den größten gemeinsamen Nenner zu suchen, in dem jeder Partner seine Themenfelder wiederfindet", berichtete Köstinger und bedankte sich in diesem Zusammenhang bei Moosbrugger und Strasser für die Unterstützung in den Regierungsverhandlungen.

Wirksame Entlastungsschritte konsequent umsetzen

Eines der wichtigsten Ziele im Agrarbereich war laut Köstinger die Entlastung der bäuerlichen Familienbetriebe. Im steuerlichen Bereich soll das bereits in der ÖVP-FPÖ-Koalition geschnürte Maßnahmenpaket im Umfang von 120 Mio. Euro von der neuen Regierung konsequent umgesetzt werden. Ein erster Entlastungschritt im Wert von etwa 50 Mio. Euro wurde schon im September 2019 im Nationalrat beschlossen.

Weitere Schritte zur steuerlichen Entlastung sollen laut Köstinger unter anderem durch die Anhebung der Umsatzgrenze für landwirtschaftliche Nebentätigkeit auf 40.000 Euro, die Streichung der Einheitswertgrenze und die Anhebung der Umsatzgrenze für die buchführungspflichtigen Betriebe sowie durch die Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsmaßnahme zur besseren Absicherung der Landwirte gegen Preis- und Ertragsschwankungen erfolgen. Vorgesehen ist weiters die Absenkung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13 auf 10%. Geplant ist außerdem die Streichung der von der Weinwirtschaft seit Jahren kritisierten Schaumweinsteuer, weil diese dem Staat wenig bringt (Bagatellsteuer), aber einen relativ hohen Verwaltungsaufwand verursacht.

Um die soziale Sicherheit in der Landwirtschaft zu verbessern, sieht das Regierungsprogramm auch eine Harmonisierung im Bereich der bäuerlichen Krankenversicherung im Hinblick auf die Fusion mit der SVA zur SVS vor. Geplant ist auch die Erhöhung der Pensionsversicherungs-Beitragsgrundlage für hauptberuflich am Hof beschäftigte Kinder bis zum 27. Lebensjahr.

Nationaler Ausgleich bei Kürzung von GAP-Mitteln

"Ein zentraler Punkt im Landwirtschaftsteil des Regierungsprogramms ist die Sicherung der künftigen Mittel aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik. Wir haben vereinbart, dass die GAP-Mittel für Österreich im mehrjährigen Finanzrahmen der EU von 2021 bis 2027 mindestens auf dem bisherigen Niveau bleiben sollen, insbesondere für die Ländliche Entwicklung. Im Falle einer Kürzung von EU-Mitteln soll es einen nationalen Ausgleich geben", berichtete Köstinger. Festgehalten sei auch die völlige Ausfinanzierung der derzeitigen GAP in den Übergangsjahren 2021 und 2022.

Strasser: Hohe Tierschutz- und Umweltstandards verteidigen

"Die Absicherung der Existenzen unserer Familienbetriebe war auch aus Sicht des Bauernbundes das wichtigste Ziel bei den Regierungsverhandlungen. Die notwendigen Maßnahmen in diese Richtung sind die Erhöhung der Wertschöpfung der landwirtschaftlichen Betriebe, die Sicherung der öffentlichen Gelder sowie Entlastungen im steuerlichen und sozialen Bereich", berichtete Strasser. Diese Punkte habe man im Arbeitsprogramm verankern können.

Der Klimaschutz solle in der Landwirtschaft künftig stärker verankert werden, der Agrarsektor sei hier hauptbetroffen und gleichzeitig ein wichtiger Lösungsfaktor. Das Thema müsse allerdings umfassend gesehen werden und betreffe zum Beispiel auch internationale Handelsabkommen wie etwa jenes mit den Mercosur-Ländern. "Wir sagen Ja zum Freihandel, wenn es faire Regeln gibt. Wir lehnen aber Billigimporte, die unter klimafeindlichen Bedingungen erzeugt wurden und unsere österreichischen Produzenten gefährden, klar ab. Daher war es uns wichtig, dass auch die Verteidigung unserer hohen Tierschutz- und Umweltstandards im Regierungsprogramm festgehalten ist", so Strasser. Begrüßenswert sei auch, dass es zusätzliche finanzielle Anreize für die Umstellung auf besonders tierfreundliche Tierhaltungssysteme geben werde.

Zu den besonders sensiblen Fragen wie Ferkelkastration und Spaltenböden habe man praktikable Lösungsansätze gefunden, sagte der Bauernbund-Präsident. Besonders hervorzuheben sei im Arbeitsprogramm das klare Bekenntnis zum konventionellen Pflanzenschutz und zur heimischen Eiweißstrategie im Zusammenhang mit der GVO-Freiheit.

Moosbrugger: Vorrang für heimische Produkte

"Auch aus meiner Sicht ist uns in den Regierungsverhandlungen viel gelungen. Unser Grundsatz dabei lautete: Nur Praktikables ist Diskutables", berichtete LK-Präsident Moosbrugger. "Wir haben klargestellt, dass die Landwirtschaft auch in Zukunft ihrem Produktionsauftrag nachkommen will und die Ernährungssicherheit in Bezug auf Qualität und Menge ein staatspolitisches Ziel sein muss", so Moosbrugger. Eine wichtige Maßnahme im Regierungsprogramm sei daher die verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung sowie bei verarbeiteten Lebensmitteln. "Darauf haben wir gedrängt", erklärte der Präsident. Es gehe darum, die regionale Produktion abzusichern sowie Fairness in der Wertschöpfungskette und Transparenz im Handel zu schaffen. Ein großes Anliegen sei ihm auch die Bildung von Branchenverbänden, um sich gegenüber dem Handel besser zu positionieren. Bei Obst und Gemüse sei das zum Teil schon gelungen, in der Milchwirtschaft bestehe allerdings noch Nachholbedarf.

"Das Regierungsprogramm enthält auch wichtige Maßnahmen im Bereich der Forstwirtschaft. Österreichs Wälder sind neben der Landwirtschaft Hauptbetroffene des Klimawandels und brauchen Hilfe. Gleichzeitig spielen sie aber auch eine wichtige Rolle bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen", unterstrich Moosbrugger. Vorgesehen sei in der Koalitionsvereinbarung unter anderem die Stärkung der aktiven, nachhaltigen Waldbewirtschaftung, die vollständige Umsetzung des "Aktionsprogramms Schutzwald" bis 2024, die Unterstützung der standortgemäßen Wiederaufforstung und die Pflege nach wetter- und klimabedingten Kalamitäten. Außerdem solle der klimafreundliche Rohstoff Holz im Rahmen einer Holzbauoffensive forciert werden, insbesondere in Bundesgebäuden.

"Insgesamt ist es im Agrarkapitel des Regierungsprogramms gelungen, ein attraktives und vor allem praktikables Maßnahmenpaket zu vereinbaren, das es ermöglichen soll, dass die heimische Landwirtschaft ihrem Produktionsauftrag weiterhin gerecht werden kann", so Moosbrugger.