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Umweltbundesamt: Bodenverbrauch um 9% gesunken, aber anhaltend zu hoch

Bedarf an Baufläche erreichte 2018 höchsten Wert seit fünf Jahren

Wien, 6. März 2019 (aiz.info). - Der Bodenverbrauch in Österreich sinkt langsam, wie die Überprüfung des Umweltbundesamtes zeigt. Aktuellen Zahlen zufolge wurden in der Periode 2016 bis 2018 pro Tag 11,8 ha neu beansprucht - das bedeutet einen Rückgang um rund 9% gegenüber dem Zeitraum 2015 bis 2017. "Seit dem Jahr 2013 beobachten wir einen sinkenden Trend, der in die richtige Richtung geht. Das ist auch dringend notwendig, damit uns der Boden nicht verloren geht", kommentiert Karl Kienzl, Stellvertreter der Geschäftsführung im Umweltbundesamt, die Entwicklung.

2018 betrug der tägliche Bodenverbrauch 10,5 ha. Davon wurde ein Großteil für Bau- und Verkehrsflächen (5,4 ha) sowie Betriebsflächen (4,7 ha) genutzt. 0,4 ha/Tag wurden für neue Erholungs- und Abbauflächen beansprucht.

Langsamer Rückgang in den vergangenen Jahren

Der Bodenverbrauch für Betriebs-, Erholungs- und Straßenverkehrsflächen ist in den letzten fünf Jahren gesunken; mit 5,4 ha pro Tag war der Bedarf an Baufläche 2018 allerdings so hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Vom täglich beanspruchten Boden werden 41% (etwa fünf Fußballfelder) versiegelt und dabei mit einer wasserundurchlässigen Schicht abgedeckt. Dadurch verliert er alle seine Funktionen, wie die Fähigkeit Wasser zu speichern und zu verdunsten, Schadstoffe zu filtern und Kohlenstoff zu binden. Mit dem Verlust an Versickerungsmöglichkeiten steigt zudem die Gefahr von Überschwemmungen und Hochwasser. Ende 2018 waren mehr als 233.000 ha Boden österreichweit versiegelt. Das sind um rund 3.000 ha mehr als im Jahr davor. Seit 2001 ist der Versiegelungsgrad kontinuierlich um 24% gestiegen. Die Verbauung und Versiegelung von wertvollem Acker- und Grünland hat neben negativen Umwelteffekten wie dem Verlust an Biodiversität auch Auswirkungen auf die Lebensmittelversorgung. Ebenso geraten Flächen für den Naturschutz durch Bautätigkeit unter Druck. In einer aktuellen Umweltbundesamt-Studie (auf aiz.info abrufbar) werden erstmals unbebaute, für den Naturschutz wertvolle Lebensräume identifiziert, die sich auf gewidmetem Bauland befinden. Anhand von vier Beispielregionen werden die Folgen der Baulanddynamik modelliert.

Strategisches Flächenmanagement

"Böden sind unsere wichtigste Lebensgrundlage, wir müssen sie viel besser schützen", erinnert Kienzl und plädiert für ein strategisches Flächenmanagement, das eine Verankerung der Bodenfunktionen in den entsprechenden Gesetzen vorsieht. Auch die Definition von Vorrangflächen für die landwirtschaftliche Produktion, für Hochwasser-Rückhaltung und ökologisch wertvolle Gebiete sind wichtige Elemente. Die Nutzung von brachliegenden Industrie- und Gewerbeflächen sowie von ungenutzten Wohnflächen im Dorf oder in der Stadt soll Vorrang vor Ansiedelungen auf der grünen Wiese haben. "Wir müssen über neue, nachhaltige Ansätze für die Siedlungs- und Gewerbeentwicklung ohne zusätzlichen Bodenverbrauch nachdenken", fordert Kienzl.

Weinberger: Leerstand nützen, Boden schützen

"Diese Entwicklung ist äußert positiv. Wir liegen aber noch immer über dem Ziel der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002, wo der tägliche Bodenverbrauch mit 2,5 ha festgelegt wurde", erklärt der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung, Kurt Weinberger, zu den Ergebnissen des Umweltbundesamtes und ergänzt: "Tatsache ist, dass in Österreich noch immer zu viel an Fläche täglich neu verbaut wird. Wir müssen uns diesem bedrückendsten Umweltproblem stellen und auch weiterhin konsequent an einer Korrektur der Bodenpolitik arbeiten."

Weinberger verweist außerdem auf den enormen Leerstand in Österreich in der Größenordnung der Stadt Wien. "Die Revitalisierung dieser mehr als 40.000 ha leerstehenden Immobilien ist das Gebot der Stunde. Als Finanzmanager, der aus der Wirtschaft kommt und ständig mit den zunehmenden Naturkatastrophen konfrontiert ist, habe ich keine Berührungsängste mit dem Wort 'Nachhaltigkeit'. Im Gegenteil: Ökologische, ökonomische und soziale Interessen ergänzen - vernünftig eingesetzt - einander. Die Natur braucht uns nicht, wir aber brauchen die Natur. Andernfalls werden uns unsere Enkel und Urenkel später im doppelten Sinn fragen: Warum habt ihr uns damals unsere Zukunft verbaut?", bringt es Weinberger auf den Punkt. (Schluss)