Seit heuer gelten verschärfte Regeln für das Pflanzenschutzgeräte-Gütezeichen.
Dazu kommen Forderungen der ÖAIP nach Verkürzung des ersten Prüfintervalls bei
neuen Spritzen ohne Qualitätszeichen. Thomas Fussel, einer der Proponenten der
neuen Richtlinie, über die Hintergründe hierfür – und was der Landwirt davon hat.
BauernZeitung: Waren die Regeln
für das grüne ÖAIP-Gütezeichen zu
wenig streng?
FUSSEL: Das alte Regelwerk entstammt dem Jahr 2009. In die neue
Vergaberichtlinie wurden der technische Fortschritt eingearbeitet wie auch
Umwelt- und Anwenderschutz sowie Vermeidung von Abdrift deutlich stärker
berücksichtigt. Die aktuelle Fassung wurde von Fachexperten der BLT
Wieselburg, der Landwirtschaftskammer, Vertretern der Gerätehersteller
und weiteren Personen erarbeitet. Die gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich
neuer Pflanzenschutzgeräte sind auf vergleichsweise geringem Niveau.
Bei einem Pflanzenschutzgerät mit dem ÖAIP-Gütezeichen hat der Landwirt
die Gewähr, dass dieser Gerätetyp von einer unabhängigen, fachkundigen
Stelle positiv bewertet worden ist und das Gerät aus technischer Fachsicht
die Anforderungen an sachkundigen Pflanzenschutz gewährleistet.
Das neue blauen Gütezeichen steht
nun wofür?
Besonderes Augenmerk wurde auf Umwelt- und Anwenderschutz oder
auch auf praktische Vorteile in der Handhabung gelegt. Für die nun zusätzliche
Typenprüfung des Gerätes erfolgen die Überprüfung des in der
Leitlinie festgehaltenen Ausstattungsumfangs sowie sämtlicher Bedienvorgänge
samt Simulation der Applikation auf modernsten Prüfständen. Werden
alle Anforderungen erfüllt, dürfen gleichwertige Geräte mit dem ÖAIP-Gütezeichen
gekennzeichnet werden.
Wo findet diese Typenprüfung
statt, was wird speziell kontrolliert?
Feldspritzgeräte werden an der Bildungswerkstatt
Mold typengeprüft.
Wichtig dabei ist etwa die Ermittlung der horizontalen Verteilgenauigkeit,
welche die gleichmäßige Applikation am Boden oder Pflanzenbewuchs
darstellt oder die Bewertung der Pumpenfördermenge, welche in Abhängigkeit
von Arbeitsbreite und Behältergröße für eine ausreichende
Rührwirkung und Mittelbereitstellung an den Düsen erforderlich ist.
Die Bewertung der Funktionstüchtigkeit des Hangausgleichs vom
Spritzgestänge ist ein weiteres wichtiges Kriterium. Sprühgeräte für
Raumkulturen überprüft die Fachgruppe Technik des Verbandes Steirischer
Erwerbsobstbauern. Zentral dabei ist die Bewertung der Gebläseluftverteilung
auf einem modernen Prüfstand. Die Ausrüstung mit bodenschonender
Bereifung ist eines
von weiteren Kriterien.
Wie lange darf dann ein Gerät das
Gütezeichen tragen?
Maximal zehn Jahre ab positivem Prüfergebnis. Das Gerät wird auf der
Homepage der ÖAIP gelistet, der Hersteller darf etwa auf Fachmessen mit
dem Gütezeichen werben.
Wie viel kostet es die Hersteller?
Der Prüfaufwand ist je nach Gerätebauart unterschiedlich. In den meisten
Fällen dauert es einen Werktag. Dabei entstehen je nach Aufwand
einmalige Kosten von knapp 1.000 Euro und laufende Kosten für die Registerführung
von 50 Euro pro Jahr je Gerätetyp, vorausgesetzt die Prüfung
ist im ersten Anlauf positiv. In Relation zu den produzierten Geräteeinheiten
bedeutet dies eine vergleichsweise geringe finanzielle Belastung für die
Hersteller im Vergleich zum Nutzen.
Und was hat der Landwirt davon?
Die Gewissheit, ein gut ausgestattetes Gerät zu erwerben, mit dem er
umwelt- und anwenderschonend Pflanzenschutz betreiben kann. Zusätzlich
verpflichtet sich der Hersteller zur Prüfung der verkehrsrechtlich
korrekten Ausstattung des Gerätes gemäß „Checkliste“ samt Schulung
zur Erstinbetriebnahme des Gerätes. Geringstmögliche Abdrift, Minimierung
von Mittelresistenz und optimale Verteilgenauigkeit sichern zudem
den Ertrag und minimieren Umweltschäden. Und dass sämtliche Bedienvorgänge
sowohl im Zuge der Applikation als auch beim nachfolgenden
Reinigungsvorgang aus geschlossener Fahrzeugkabine getätigt werden können,
bedeutet eine weitere Reduktion des Kontaminationsrisikos. Generell
sichern ordnungs- und zeitgemäße Geräte auch die entsprechende Akzeptanz
gegenüber Konsumenten und tragen zu entsprechender Rechtssicherheit
bei.
Neue Pflanzenschutzgeräte müssen
derzeit innerhalb von fünf Jahren ab
Kaufdatum zur erstmaligen Geräteüberprüfung.
Die ÖAIP hat in einer
Resolution deutlich ihren Wunsch
deponiert, dass diese Frist nur mehr
für Geräte mit ÖAIP-Gütezeichen gilt.
Für alle anderen soll ähnlich wie in
Deutschland eine Frist von einem
Jahr gelten. Warum?
Um Hersteller, die es mit der Ausstattung nicht immer so genau nehmen,
zu entsprechenden Korrekturmaßnahmen zu bewegen und Landwirte
vor unerwarteten Folgekosten zu schützen. Geräte, welche nicht
einem erforderlichen Standard entsprechen, bedeuten mitunter in deren
Verwendung ein Risiko für Anwender
und Umwelt. Kostenvorteile beim Neukauf stehen bei unzureichender
Geräteausführung erhebliche Nachteile in der nachfolgenden laufenden
Verwendung gegenüber. Fünf Jahre sind für derartige Geräte ein deutlich
zu langer Zeitraum ohne Überprüfung.
Noch ist das Geräteregister mit
ÖAIP-Gütezeichen mit zwölf Typen
von zwei Herstellern überschaubar.
Wie viele werden es am Ende des
Jahres sein?
Wir sind mit Jahreswechsel bei null gestartet, die Liste wird sich nach und
nach erweitern. Und weil es sich um ein Qualitätssiegel für besonders gut
ausgestattete Geräte handelt, erwarten wir auch nicht, dass jeder Hersteller
dieses für alle seine Gerätetypen beantragen wird oder überhaupt die
Prüfung schafft. Die Prüfstellen haben zudem auch nicht die Kapazität, um
binnen kurzer Zeit viele Geräte auf Herz und Nieren zu prüfen. Der Anfang
ist einmal gemacht. Wir hoffen aber auf zumindest zehn Hersteller
und eine entsprechende Anzahl von Gerätetypen im Register.